
Wechsel und Zusammenspiel von Konkav und Konvex, Vertiefung und Erhöhung.
Die Kollektion Rilievi von Zaven ist das Resultat eines rundum durchdachten Gestaltungsprozesses, basierend auf der ebenso feinsinnigen wie gelungenen Kombination von zwei Grundelementen, als da sind: eine großformatige Keramikplatte und ein aufgesetztes Formteil.
Die beiden „Systembausteine“ lassen unzählige Kombinationen zu, die sich ergeben aus dem jeweiligen Vervielfachungseffekt, dem Verlegemuster der Platten, den Profilbildern der unterschiedlichen Formteilkompositionen und den Verknüpfungen und Überlagerungen der einzelnen Elemente der Kollektion.



Rilievi gelingt der Balanceakt zwischen verschiedenen historischen Momenten. Einerseits sind die 3D-Module der Formteile von der italienischen Experimentalkunst aus den Sechzigern und Siebzigern inspiriert - man denke nur an die modularen keramischen Flachreliefs von Nino Caruso oder an die plastischen Formen der Werke von Agostino Bonalumi.
Andererseits liegen den großformatigen Platten die moderne Werkstoffforschung und Prozessentwicklung zugrunde, die zuletzt nie dagewesene Standards erreicht haben. Die Hell-Dunkel-Effekte auf den Plattenoberflächen, hervorgerufen durch den unterschiedlichen Lichteinfallwinkel auf den Unebenheiten der Module, erzeugen eine eigenwillige Tiefenoptik, wie man sie in der Keramikbranche nur selten findet und die zu neuen Ansätzen in der Innenraumgestaltung anregt.



MARIA CRISTINA DIDERO: “RILIEVI”
Das Konzept stand von der ersten Stunde an im Zeichen der Perfektion. Ein recht anspruchsvolles Wort für ein neues Produkt auf dem Markt. Doch gelingt es einem (durchaus visionären) Unternehmen, das künstlerische Schaffen eines Kreativen in ein Produkt seines Sortiments einzubinden, dann entsteht daraus eben die perfekte Synthese. Eine perfekte Synthese aus Kreativität in Reinstform und den unbeugsamen Dynamiken des Marktes. CEDIT besaß die Fähigkeit, das große Potenzial von Practice Practice Practice – eine Eigenproduktion von Zaven, bestehend aus den Designern Enrica Cavarzan und Marco Zavagno, und Gewinner des Wallpaper Design Award 2018 – zu erkennen und weiterzuentwickeln. Denn ein derart feinsinniges Konzept, das aus einem puristischen, intakten Ansatz heraus entstanden war (unbeeinträchtigt von äußeren Faktoren, abgesehen von der künstlerischen Auseinandersetzung, dem nobelsten aller Einflussfaktoren) bot alle Voraussetzungen, um zu einer innovativen, erfolgreichen Kollektion zu mutieren. Die zudem einzigartig ist, wie ich hinzufügen möchte. Außerdem: mit Zaven geht man auf Nummer sicher. Das Designerduo macht seine Arbeit gut. Die Arbeit beginnt stets mit Neugier und Suche, mit der Ergründung anderer Geschichten (so stammt die Inspiration in diesem Fall vom Schaffen des Künstlers Nino Caruso), mit eigenen Interessen, die ausgelotet, weiterentwickelt, optimiert und auf künftige Neuausrichtungen eingestellt werden. Enrica Cavarzan und Marco Zavagno sind Meister darin, eigene Wünsche und Passionen in weitgreifende Konzepte umzusetzen, die wie hier eine umfassende, mannigfaltige Anwendung finden. Ihr außergewöhnlicher Umgang mit Keramik verrät eine propädeutische, zielgerichtete Herangehensweise an die Dinge, die aus einem ungewohnten Blickwinkel, in einem anderen Licht betrachtet werden. Und er verrät Wagemut.
Mit Konventionen geht Zaven ganz unkonventionell um. Im Fall von Rilievi scheinen die für CEDIT gestalteten „Module“ – ein zweidimensionales Plattenelement kombiniert mit dem dreidimensionalen Dekor – regelrecht aus der Wand herausbrechen zu wollen. Rilievi scheint nach mehr Raum zu streben. Nach noch mehr Raum. Und das, obwohl die Module eigentlich mit ihrer Wand kommunizieren. Zugleich hypnotisieren sie uns mit dem pulsierenden Rhythmus ihrer Linien, dem trotz des gemeinsamen Grundmotivs immer wieder wechselnden Muster, den niemals simplen und banalen Farben, die dem Endprodukt nicht zuletzt ein weiteres Wesensmerkmal hinzufügen. Der solide Background der Designer im Bereich der Grafik (und hier sprechen wir erneut von Zweidimensionalität, die sich eigentlich eher mit Wandverkleidungen assoziieren ließe) führt zu einer Fassade, die wie gemeißelt erscheint - aber eben nur erscheint. Die Module sollen an Dynamik erinnern. Die drei Modelle in sieben Farbkombinationen bewirken eine kraftvolle Gestaltung der Fläche, die niemals passiv ist, sondern in Form und Farbe organisch mit den mannigfaltigen Kombinationen zusammenwirkt. Die Platte existiert in dem Maße, in dem das ihr zugehörige Relief existiert. Sie hat denselben Stellenwert.
Angesichts dieser Dichotomie von linearen und räumlichen Formen, die sich dem Betrachter in einer meisterhaften Balance darbieten, erhält die eigentliche Bedeutung des Moduls durch die Wiederholung noch mehr Nachdruck. Das in Venedig beheimatete Designerduo geht in seinem Schaffen nicht den einfachen, schnellen Weg, sondern es macht sich die Mühe, die Dinge zu hinterfragen. Das war schon immer eines seiner Grundmerkmale. Zaven kann auf hochkarätige Kooperationen mit internationalen Partnern verweisen, darunter: London Design Festival, Kalmar Konstmuseum, Designer Days in Paris, Ca’ Foscari Universität, Biennale von Venedig und die Stiftungen Fondazione Sandretto Re Rebaudengo, Fundação Sindika Dokolo und V-A-C Foundation, und gewann auch den Wallpaper Design Award 2018.
Grafik, Kommunikation, Produktdesign: das Paar hat sich stets für Projekte entschieden, die auf das Engste mit der Beobachtung von Alltagsdingen und deren Abwandlung unter Verwendung ungewohnter Materialien verbunden waren. Auf diesem Dualismus beruht, gepaart mit einer eindrucksvollen, strengen Optik, der Grundduktus von Enrica und Marco. In diesem besonderen Kontext zum Ausdruck gebracht durch serielle Plastiken. Wandplastiken.